Assoziationen zwischen ILD und Lungenresektionen bei NSCLC
Patienten mit interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD) weisen nicht nur ein erhöhtes Risiko auf, ein Bronchialkarzinom zu entwickeln – wenn sie daran erkranken, sind im Fall eines operativen Eingriffs auch die postoperative Komplikationsrate und die Letalität erhöht. Andrea Axtell und ihre Kollegen haben nun die Datenbank der Society of Thoracic Surgeons (STS) General Thoracic Surgery ausgewertet, um konkretere Zahlen zu liefern.
In der Datenbank identifizierten die Wissenschaftler zunächst mehr als 128000 Patienten, bei denen zwischen 2009 und 2019 eine Lungenresektion wegen eines nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms (Non-Small Cell Lung Cancer, NSCLC) erfolgt war. Darunter waren 1873 Patienten mit einer ILD. Eine ILD war hier definiert als jede Lungenerkrankung mit interstitieller Fibrose, die klinisch, radiologisch oder pathologisch diagnostiziert worden war; Ursachen wie rheumatologische Erkrankungen, exogen-allergische Reaktionen u. a. waren aus der Datenbank nicht zu entnehmen.
Als primäre Endpunkte untersuchten Axtell et al. die postoperative Sterblichkeit (Tod in der Klinik, innerhalb von 30 Tagen oder Verlegung des Patienten in ein Hospiz), die Entwicklung eines ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome) und ein Kompositum aus Komplikationen und Sterblichkeit bis Tag 30. Als sekundären Endpunkt definierten sie u. a. postoperative Komplikationen bis Tag 30.
Unter den Patienten der ILD-Gruppe waren mehr Männer (53% vs. 44% in der Gruppe mit „nur“ einem NSCLC), mehr aktuelle oder frühere Raucher (90% vs. 85%), sie wiesen häufiger einen pulmonalen Hochdruck auf (6% vs. 1,7%) und erhielten häufiger präoperativ Steroide (4% vs. 1%). Darüber hinaus litten sie öfter unter Begleiterkrankungen wie Hypertonie, Diabetes und/oder KHK.
Bei der präoperativen Abklärungen war außerdem in der ILD-Gruppe die Diffusionskapazität der Lunge vermindert (40–75%: 64% vs. 51%, <40%: 11% vs. 4%). Ein Plattenepithelkarzinom war bei ihnen häufiger (20% vs. 12%). Sie erhielten aber seltener eine neoadjuvante Chemotherapie (9% vs. 11%), und der Chirurg nahm häufiger eine sublobäre Resektion vor (Wedge- oder Segmentresektion; 34% vs. 23%) bei vergleichbarer Ausdehnung der Erkrankung.
Bei der Auswertung zeigte sich im Hinblick auf die primären Endpunkte in der ILD-Gruppe:
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eine erhöhte postoperative Sterblichkeit (5,1% vs. 1,2%)
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häufiger ein ARDS (1,9% vs. 0,5%)
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häufiger ein Ereignis des Komposit-Endpunkts (13,2% vs. 7,4%)
Außerdem wurden sie postoperativ länger endotracheal beatmet bzw. häufiger tracheotomiert (2% vs. 1%), entwickelten häufiger eine Pneumonie (7% vs. 4%) und eine Luftfistel für > 5 Tage (12% vs. 11%). Kardiovaskuläre Komplikationen waren dagegen in beiden Gruppen selten und vergleichbar in ihrer Häufigkeit.
In der multivariaten Analyse errechneten sich bei ILD
- ein fast 4-mal so hohes postoperatives Sterberisiko (Odds Ratio [OR] 3,94 vs. NSCLC ohne ILD),
- ein mehr als 3-mal so hohes Risiko für die Entwicklung eines ARDS (OR 3,42) und
- ein insgesamt höheres Risiko für postoperative Komplikationen und Sterblichkeit (OR 1,79).
Und das galt auch, wenn im Hinblick auf Begleiterkrankungen, Ausmaß der Lungenresektion und Erfahrung des behandelnden Zentrums adjustiert wurde. Berücksichtigte man außerdem die Lungenfunktion (Diffusionskapazität, FEV1), blieb die ILD weiterhin ein deutlicher Prädiktor für Sterblichkeit und Komplikationen.
Fazit:
Eine ILD stellt bei NSCLC-Patienten einen starken Prädiktor für die 30-Tage-Sterblichkeit dar, so die Autoren. Das heißt aber nicht, dass man sie, bei gutem Allgemeinzustand, nicht oder nur eingeschränkt operieren sollte: Nach gründlicher präoperativer Diagnostik, ggf. unter Einschluss eines Rechtsherzkatheters, sind nach (möglichst) kurativer OP die Langzeitüberlebenschancen besser, als wenn okkulte betroffene Lymphknoten belassen werden oder die Resektatränder nicht ausreichend tumorfrei sind.
Quelle:
Ruchalla E. Assoziationen zwischen ILD und Lungenresektionen bei NSCLC. Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 2024; 18(03): 172 – 172. doi:10.1055/a-2272-1847
Publikationsdatum: 8. August 2024 (online)
Autorin Studienreferat: Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim