Lokal fortgeschrittene nicht-kleinzellige Lungenkarzinome (NSCLC) sind durch eine schlechte Prognose gekennzeichnet. Der bisherige adjuvante Therapiestandard besteht seit Jahrzehnten aus einer platinbasierten Chemotherapie, welche aber nur begrenzt effektiv und mit einer hohen Rate an Nebenwirkungen behaftet ist. Bei einer kleinen Subgruppe der NSCLC konnten die Behandlungsergebnisse jetzt maßgeblich durch eine gezielte Immuntherapie verbessert werden.

4–5% aller NSCLC weisen eine Mutation im ALK-Gen auf, die zu einer übermäßigen Aktivität des Enzyms Anaplastische Lymphokinase führt und damit ein unkontrolliertes Tumorwachstum fördert. Patient*innen mit ALK-positivem NSCLC haben ein hohes Risiko für Hirnmetastasen; bis zu 50–60% sind von dieser schweren Komplikation im Verlauf betroffen. Alectinib wird in der klinischen Praxis als oraler ALK-Inhibitor beim fortgeschrittenen ALK-positiven NSCLC eingesetzt. Die Substanz hemmt die Aktivität der ALK auch bei resistenten ALK-Mutationen und ist in der Lage, die Blut-Hirnschranke zu überwinden.

In die internationale Phase-3-ALINA-Studie wurden zwischen 2018 und 2021 insgesamt 257 Patient*innen mit resektablem, ALK-positivem NSCLC eingeschlossen, bei denen die Indikation für eine adjuvante Therapie bestand. Voraussetzung für den Studieneinschluss war ein Tumorstadium IB (≥4 cm), II oder IIIA; 90% der Studienteilnehmer*innen wiesen ein Tumorstadium II oder IIIA auf. Weniger als 5% der NSCLC zeigten die histologischen Merkmale eines Plattenepithelkarzinoms. Bei der Mehrzahl der Patient*innen (>90%) erfolgte eine Lobektomie. Es wurde eine nach dem Tumorstadium stratifizierte 1:1-Randomisierung in zwei Behandlungsgruppen vorgenommen. Patient*innen der ersten Gruppe erhielten eine orale Behandlung mit Alectinib in einer Dosierung von 2×600 mg/d für eine Dauer von 24 Monaten und in der zweiten Gruppe wurde eine intravenöse, platinhaltige Chemotherapie (Cisplatin oder Carboplatin) in insgesamt vier 21-Tages-Zyklen durchgeführt. Der mediane Zeitabstand zwischen chirurgischer Entfernung des Tumors und Randomisierung betrug 1,7 Monate. Als primären Studienendpunkt definierten die Autor*innen das tumorfreie Überleben und zu den sekundären Endpunkten zählten das Gesamtüberleben und die Therapiesicherheit. Die mediane Beobachtungsdauer lag bei 28 Monaten.

Ergebnisse

 

Nach 2 Jahren waren Patient*innen mit einem NSCLC im Tumorstadium II oder IIIA in der Alectinib-Gruppe zu 93,8% und in der Vergleichsgruppe mit konventioneller Chemotherapie zu 63,0% erkrankungsfrei. Nach 3 Jahren beliefen sich die tumorfreien Überlebensraten auf jeweils 88,3% bzw. 53,3%. Die Behandlung mit dem ALK-Inhibitor Alectinib war im Vergleich zur platinhaltigen Chemotherapie insgesamt mit einer Risikoreduktion für Erkrankungsrezidive, Neuerkrankungen bzw. Versterben um 76% verbunden (HR 0,24; 95%-KI 0,13–0,45). Zu vergleichbaren Ergebnissen kamen die separat durchgeführten Intention-to-treat-Analysen. Subgruppenanalysen waren konsistent für verschiedene Altersgruppen, Geschlecht, Ethnien, Nikotinabusus und Erkrankungsstadium. Rezidive des NSCLC wurden in der Alectinib-Gruppe bei 11,5% und in der Vergleichsgruppe bei 38,6% der Patient*innen verzeichnet. Am häufigsten traten Rezidive in Form von Hirnmetastasen auf (4 bzw. 14 Patient*innen in der Alectinib- bzw. Vergleichsgruppe). Nebenwirkungen mit der höchsten Inzidenz waren unter der Behandlung mit Alectinib eine Erhöhung der Kreatinkinase im Serum (43,0%) und Obstipation (42,2%). In der Chemotherapie-Gruppe kam es hingegen am häufigsten zu Übelkeit (72,5%) und vermindertem Appetit (29,2%). Die Behandlung wurde in der Alectinib-Gruppe bei 5,5% und in der Chemotherapie-Gruppe bei 12,5% der Patient*innen vorzeitig beendet. 

 

Fazit:

Die adjuvante Behandlung mit dem ALK-Inhibitor Alectinib war bei Patient*innen mit ALK-positivem NSCLC hoch effektiv und sicher. Die Wirksamkeit der Behandlung mit Alectinib und mögliche Langzeitnebenwirkungen sollte in einem längeren Follow-up-Zeitraum weiter untersucht werden. Ob eine Kombination aus Alectinib und platinhaltiger Chemotherapie die Prognose weiter verbessern könnte, wäre ebenfalls eine interessante Fragestellung für zukünftige Studien, so die Autor*innen. 

Quelle:

Franke K. Neuer Meilenstein bei der adjuvanten NSCLC-Therapie. Pneumologie 2024; 78(12): 948 – 949. doi:10.1055/a-2372-8295

Publikationsdatum: 13. Dezember 2024 (online)

Autorin: Dr. med. Katharina Franke, Darmstadt